Argentiniens besetzte Betriebe
Über das emanzipatorische Potenzial und die Dilemmas der Selbstverwaltung
In den 1990er Jahren und danach in verstärktem Maß als Konsequenz der Finanz- und Wirtschaftskrise von 2001/2002 entstanden in Argentinien eine Vielzahl von sozialen Bewegungen: neue Gewerkschaften, Arbeitslosenorganisationen, Nachbarschaftsversammlungen, Müllsammler und besetzte, selbstverwaltete Betriebe (Uriona 2006: 89). Während die meisten Initiativen im Zuge von Argentiniens wirtschaftlichem Aufschwung in den Folgejahren rasch wieder in der Bedeutungslosigkeit versanken, etablierten sich die besetzten Betriebe als eine relativ starke und gutorganisierte Form des sozialen Protestes. Der jahrelange Kampf der Arbeiter um die Wiederingangsetzung der Produktionsanlagen konkursgegangener, verschuldeter Unternehmen veränderte zum Teil auf radikale Weise die bestehenden Formen von Repräsentation und Partizipation am Arbeitsplatz.
Von Versammlungen erhaltene Mandate, direkte Wahlen von internen Kommissionen, die Rotation von Positionen und Koordinatoren, die Repräsentation von Minderheitsstimmen und die freie Meinungsäußerung der Arbeiter und Arbeiterinnen etablierten sich als Praxen, die deren direktdemokratische Beteiligung förderte (Korol 2005). Diese Errungenschaften ersetzten sowohl die hierarchischen Beziehungen zwischen Kapital und Arbeiterschaft als auch die bürokratische Führung von Seiten der traditionellen klientelistischen Gewerkschaften. Der vorliegende Text zielt zum einen darauf ab, kurz den spezifischen sozio-ökonomischen und politisch-ideologischen Kontext nachzuzeichnen, der die Wiederbelebung der Selbstverwaltung in Argentinien hervorgebracht hat. Zum anderen soll auf das emanzipatorische Potenzial sowie die Hindernisse und Grenzen der Arbeiterselbstverwaltung in Argentinien eingegangen werden.
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